Zettemin, evangelische Dorfkirche

Matthias Friese, 1780

II/P/23

 

 

 

Standort: Westempore

 

Baugeschichte: Diese Orgel ist vermutlich das größte Werk des Organisten, Schulmeisters und Orgelbauers Matthias Friese. Dieser lebte in Vorpommern, wozu im 18. Jh. auch das Kirchdorf Zettemin gehörte. Der Orgelbauvertrag war am 6. Februar 1779 abgeschlossen worden. Die Revision der fertigen Orgel durch Domorganist Johann Friedrich Knöchel aus Güstrow fand am 13. April 1780 statt. 1869 führte J. Gryszkiewitz aus Stettin eine Reparatur aus und änderte die Disposition, vor allem in beiden Manualwerken.

Von 1996 bis 1998 erfolgte die Restaurierung durch Kristian Wegscheider aus Dresden. Sämtliche Holzpfeifen in den Manualen waren durch Holzwurm so zerstört, dass sie erneuert werden mussten. Von den Zungenregistern waren die Trompete völlig verloren, aus der Vox humana nur Becher erhalten, die Posaune jedoch vollständig erhalten. Die Prospektpfeifen wurden neu gebaut.

 

Beschreibung: Der Prospekt besitzt zwei spitze Außentürme mit Pfeifen aus der Octave 8’ des Pedals. Der mittlere runde Turm ist höher und horizontal in zwei Pfeifenfelder geteilt, die wie einige der sechs flachen kleinen Zwischenfelder mit den Prinzipalen 4’ aus Hauptwerk und Brustwerk besetzt sind. Die gitterartigen Schleierbretter und die großen seitlichen Ohren in Formen des Rokoko sind wie das Schnitzwerk vor den Pfeifenfüßen vergoldet. Wohl nicht ursprünglich ist die Bekrönung der drei Prospekttürme.

Der Spieltisch ist zentral angelegt; beidseitig die Registerzüge in doppelt vertikaler Reihe mit neuen Manubrien, die nach Vorlagen aus Duckow kopiert wurden. Original sind die Pedalklaviatur sowie die Manualklaviaturen mit schwarzen Untertasten und hellen Stirnseiten, profilierten Wangen und Zierprofilleisten. Von Gryszkiewitz blieb die Manualwippenkoppel erhalten, die er anstelle der originalen Schiebekoppel Frieses baute. Die Registerschilder - Tusche auf Papier - wurden nach Resten ursprünglicher Abdrücke nachgestaltet.

Die Windladen von Pedal und Brustwerk in einer Höhe über dem Spieltisch. Darüber die Windladen des Hauptwerkes. Friese verwendete ältere Windladen und teilweise älteres Pfeifenmaterial. Denkbar ist, dass beides aus der Orgel der Stadtkirche Malchin stammt, die Paul Schmidt im Jahr 1779 vor seinem Neubau abtrug.[1]

Die Ton- und Registertrakturen von Friese sind in einer sehr derben Weise hergestellt und verlegt. Drei Keilbälge liegen im Balggestell hinter der Orgel, davon zwei restauriert und an ein elektrisches Gebläse angeschlossen.

 

I. Manual, Hauptwerk / C. D-c3, mechanische Schleifladen

Gedackt 8’

Viol di gamba 8’

Quintaden 8’

Principal 4’

Flöte 4’

Quinte 3’

Octave 2’

Mixtur 3fach (C: 1’ 2/3’ 1/2’, Rep. bei c, c’)

Trompete 8’ (ab go)

 

II. Manual, Brustwerk / C. D-c3, mechanische Schleifladen

Gedackt 8’

Gemshorn 4’

Nachthorn 4’

Principal 2’

Quinte 1 ½’

Sesquialter 3fach (C: 1’ 2/3’ 2/5’, Rep. bei c, c’)

Vox humana 8’ (ab go)

 

Pedal / C. D-c1, mechanische Schleifladen

Subbaß 16’

Principal 8’

Bordun 8’

Octave 4’

Octave 2’

Waldflöte 1’

Posaune 16’

 

Manualkoppel II-I

Tremulant (wirkt auf das ganze Werk)

Calcant


Stimmtonhöhe: a1 440 Hz bei 15o C

Stimmungsart: ungleichschwebend

 

[1] Fabian Peters aus Sneek baute 1567 eine Orgel, die Johann Engelbrecht Gerhardt aus Rostock 1696 reparierte