Ernst Sauer war einer der wenigen im Großherzogtum Mecklenburg-Strelitz tätig gewesenen Orgelbauer. Er wurde am 5. Februar 1799 in Karlsburg bei Anklam (Vorpommern) als Sohn des dortigen Schmiedes geboren. Wie damals üblich erlernte er den Beruf des Vaters. Als zehntes Kind war aber die Chance, die Schmiede später zu übernehmen, gering. In Schönbeck bei Friedland wurde es für den jungen Mann im Jahr 1820 möglich, die Schmiede der Witwe Elisabeth Salow zu kaufen.
Offenbar paarte sich bei Ernst Sauer neben den handwerklichen Fähigkeiten auch eine künstlerische Neigung. Für seine 1826 verstorbene Tochter Augusta Maria Friederike verfertigte er ein schmiedeeisernes Grabmal, das viel Aufmerksamkeit erregte. Es kamen nun Aufträge für solcherlei Grabmale aus der Umgebung. Auch aus Friedland, womit Ernst Sauer sich den Zorn der dortigen Schlosserinnung zuzog.
Klammheimlich jedoch befasste sich der Schmied mit etwas völlig Artfremden. Er baute in seiner Scheune eine Orgel. Es ist nicht bekannt, was ihn auf diese Idee brachte, ein solch komplexes und aufwändiges Instrument zu bauen. In seiner nächsten Umgebung hatte kein Orgelneubau stattgefunden, von dem er hätte angeregt werden können. Es ist hingegen bekannt, dass August Milarch, bis 1833 Rektor der Neubrandenburger Gelehrtenschule und seitdem Pastor in Schönbeck, sich eine Orgel in die Schönbecker Kirche wünschte. Als das Instrument aufgrund seiner entstandenen Größe dem Schmied Ernst Sauer den Platz versperrte, offenbarte er sich dem Pastor, der zunächst mit einem Kauf zögerte. Schließlich genehmigte das Neustrelitzer Consistorium die Aufstellung. Geprüft wurde die neue Orgel durch den Neustrelitzer Schlosskantor Karl Nicolaus Messing. Neben Kritik gab es ausreichend Lob, dass die Landesregierung dem Autodidakten ein Geldgeschenk, genauer gesagt, ein Stipendium gewährte, mit dem er bei einem renommierten Orgelbauer für sechs Monate in die Lehre gehen durfte. Der geeignete Orgelbauer fand sich in Friedrich Heinrich Ratzmann (1800-1881) in Ohrdruf. Dort war Sauer etwa von April bis September des Jahres 1836. Als er nach Schönbeck zurückkam, begann er als Orgelbauer eine neue Karriere. 1838 verkaufte er die Schönbecker Schmiede und zog nach Friedland. Unterstützung muss er von höchster Regierungsseite gehabt haben. Zum einen war Mecklenburg-Strelitz bisher ohne eigenen Orgelbauer gewesen. Außerdem war der nächstgelegene Orgelbauer Grüneberg in Stettin 1837 gestorben. So kam Sauer mit seinem neuen Handwerk für das Großherzogtum sehr gelegen.
Der Einfluss seines kurzen Thüringer Aufenthaltes zeigt sich an einer seiner ersten Orgel, die in Salow bei Friedland noch zu sehen ist. Klassizistische Formen und Ornamente, sowie drei starke Säulenpaare bestimmen das Äußere der in Weis und Gold gehaltenen Fassade. Aber der Bau solcher Gehäuse war auf Dauer zu aufwändig. Bald darauf vereinfachten sich die Formen. Schließlich lassen sich einige Gehäusegestaltungen auch auf Entwürfe des Neustrelitzer Baumeisters Friedrich Wilhelm Buttel zurückführen.
Ernst Sauer war ein umtriebiger Mensch und wird in der Biografie auf den Orgelbau beschränkt dargestellt. Ein ebenso großes Standbein war der Bau landwirtschaftlicher Geräte, und das nicht nur in seiner mecklenburgischen Heimat. 1844 zeigte er an, dass er auf seinem Gut in Heinrichswalde (Westpreußen) eine „Maschinenfabrik … etablirt habe, wie sie seit mehren Jahren an meinem frühern Wohnort Friedland in Mecklenburg besteht.“ Schon 1845 verlegte er sein „Domicil“ nach Deutsch Krone, warb in einer Zeitungsannonce ebenfalls für den Bau landwirtschaftlicher Geräte wie Säe- Häcksel- Dresch- Kornreinigungs- und andere Maschinen, nicht jedoch für den Orgelbau. Nur seine Unterschrift verrät: „Sauer, Orgel- und Maschinenbauer.“
Eine Auflistung von mehr als dreißig Orten in Preußen und Rußland (Riga!), die mit Sauer-Orgeln beliefert wurden, lässt vermuten, dass die Werkstatt in Deutsch Krone kontinuierlich mit dem Bau von Orgeln befasst war. Friedland als Werkstattort blieb weiter bestehen. Wo sich Ernst Sauer in diesen Jahren überwiegend aufgehalten hat, ob in Friedland oder in Deutsch Krone, ist nicht bekannt.
Vorgesehen war, dass Ernst Sauers ältester Sohn Johann Ernst den Orgelbau erlernen sollte. Er starb jedoch 1842 und der Zweitälteste Wilhelm, vorgesehen für das Bauingenieurstudium, wechselte in die väterliche Werkstatt. Beim Orgelneubau für die Kirche zu Fürstenberg arbeiteten 1848 neben Ernst und Wilhelm Sauer weitere vier Gesellen. Sie waren vermutlich so gut, dass sie vielfach ohne den Meister sein konnten. Sohn Wilhelm Sauer pendelte ab 1851 zwischen Friedland und Deutsch Krone und leitete 1851 als Zwanzigjähriger eigenständig Neubauprojekte.
Wohl unter dem Einfluss des jungen Wilhelm, der während einer kurzen Wanderschaft bis nach Paris gelangt war, änderte sich Einiges in der Bauweise der Sauer-Orgeln. Der alte Keilbalg wurde abgelöst durch die neue Erfindung des Kastenbalges. In Cölpin bei Woldegk steht die erste Orgel mit einer Kegellade, deren Funktionsweise erst fünfzehn Jahre früher in Süddeutschland erfunden wurde. Mit diesen Innovationen zählte die Werkstatt Sauer zu jener Zeit zu den modernsten Orgelbauwerkstätten im Nordosten.
Eine weitere preußische Zweigstelle richtete Ernst Sauer in Frankfurt/Oder ein. Sohn Wilhelm wurde 1856 deren Geschäftsführer und zugleich preußischer Staatsbürger. Ab diesem Zeitpunkt trennten sich die Wege von Vater und Sohn. Aus dem Frankfurter „Zweigbetrieb“ der kleinen Friedländer Werkstatt entwickelte sich innerhalb weniger Jahre eine der größten und bedeutendsten deutschen Orgelbaufirmen, allerdings unter dem Namen Wilhelm Sauer. Dorthin wechselte auch Paul Rubach, einer der Gesellen aus Ernst Sauers Werkstatt, und blieb Jahrzehnte Wilhelm Sauers Werkmeister.
Das Ende der Werkstatt Deutsch Krone ist nicht bekannt, ebenso wie das Ende der Friedländer Werkstatt. 1861 wurde eine verhältnismäßig großzügig gebaute Orgel in Groß Varchow bei Penzlin aufgestellt. Den letzten Neubau gab es zwei Jahre später in Triepkendorf. Dort jedoch wurde ein kleines Instrument eingebaut, das offenbar schon längere Zeit fertig gestellt war und für den neuen Aufstellungsort erweitert wurde. Um 1869 kränkelte Ernst Sauer und wohnte eine Zeit lang bei seinem Sohn in Frankfurt/Oder. Am 13. September 1873 starb der Orgelbauer. Der Sterbeort ist bislang nicht bekannt.
Vergleicht man die Zahl erhaltener Orgeln mit der vermuteten Gesamtzahl der Neubauten, stellt man schnell fest, dass ein sehr großer Teil der Orgeln nicht mehr erhalten ist. Ein weiterer Vergleich führt noch tiefer: von den noch sechzehn erhaltenen Orgeln sind lediglich vier spielbar, nachdem sie in den letzten Jahren umfassend restauriert wurden. Das wirft ein Licht auf die Qualität der Ernst-Sauer-Orgeln. Wurden sie anfangs in höchsten Tönen gelobt, stellte sich recht bald heraus, dass sie von schlechter Fertigung waren. Die 1855 gebaute Orgel in Alt Käbelich bekam schon 1872 ein miserables Zeugnis. Sie sei „mit so wenig Accuratesse und Solidität von Haus aus erbaut, … keine einzige Stimme ist in der Orgel, bei der man mit wirklichem Wohlgefallen verweilen könnte… Selbst zu Pfeifenstöcken ist Holz mit großen Aesten verwandt…Die Pfeifen stehen bald gerade, bald schief, um ihnen Raum auf der Lade zu verschaffen…“ Die meisten Metallpfeifen, auch in kleinen Lagen, baute er aus Zink, was keine so gute Haltbarkeit hat wie eine Zinn-Blei-Legierung.
Dennoch - oder gerade, weil es so wenige spielbare Sauer-Orgeln gibt - zählen alle erhaltenen Orgelreste Ernst Sauers zu erhaltenswerten Kulturgütern. Die immer weniger genutzten Dorfkirchen verringern die Wahrscheinlichkeit, dass die eine oder andere schweigende Ernst-Sauer-Orgel in Zukunft restauriert wird. Intakte Orgeln sind nur in Lindow, Schwanbeck, Cölpin und Wulkenzin zu hören.
Im Sommer 2017 kamen erste Orgelteile der Wilhelm-Sauer-Orgel aus Warbende nach Malchow. Die 1907 gebaute zweimanualige pneumatische Orgel war einige Jahre vorher abgebaut worden und nicht optimal eingelagert gewesen. Es fand sich niemand, der für diese interessante Orgel zu interessieren war. Also erklärte sich das Orgelmuseum bereit, das Instrument zu übernehmen. Allerdings war der Zustand stark ruinös. Umfangreiche Schäden waren durch starken Holzwurmbefall und sehr hohe Feuchtigkeit verursacht worden. Zahlreiche Metallpfeifen waren verloren gegangen.
Neben der Einzelspende einer Einzelperson konnten Fördermittel des Landes Mecklenburg-Vorpommern und Bundesmittel gewonnen werden.
Die Montage der in der Firma Scheffler restaurierten Windladen und des Spieltisches begann 2023 und wurde im Frühjahr 2024 mit Einbau aller Bleirohre beendet. Im Oktober wurden die neuen Prospektpfeifen eingesetzt und die Orgel von Tino Herrich und Tobias Schramm intoniert.
Der Spieltisch in Warbende
Das Gehäuse im Orgelmuseum
Das Dach des Orgelhauses wurde in den Jahren 2021/22 neu gedeckt. Weil die Maßnahmen auch Deckenbereiche des Erdgeschosses betrafen, musste das gesamte Haus leergezogen werden. Das betraf die seit 2006 bestehende Ausstellung, die Werkstatt (die sowieso in das sanierte Depotgebäude umziehen sollte), Büro, Bibliothek, Archiv und viele auf dem Dachboden gelagerte Depotgüter. Der Auszog geschah im Jahr 2020.
Mitte 2022 waren die Dacharbeiten so weit beendet, dass das Haus wieder gereinigt werden konnte. Die in zwei Räumen fest eingelagerten Ausstellungsstücke wurden ausgepackt. Dabei traten Stock- und Schimmelschäden zutage, die beseitigt werden mussten.
Seitens des Bauherren waren die Wiederherstellung der Erdgeschossräume und der Ausbau des Dachgeschosses nicht fristgerecht geplant worden. So machen wir uns seit Herbst 2022 daran, die Räume des Erdgeschosses in Eigenregie wieder herzurichten, damit die Verwaltung im Frühjahr zurückziehen kann. Unser Ziel ist es, die ersten Ausstellungsräume vor dem Sommer fertigzustellen.
Das neue Depot ist zwar noch nicht vollständig fertig, es fehlt noch der Einbau des Lastenaufzuges, wir haben dennoch begonnen, die zahlreichen Kisten mit Metallpfeifen aus dem Zwischenlager zurückzuholen und hier sortiert und übersichtlich zu deponieren.